Blick aufs Jahr 2022

Hier der KvN-Jahresbericht für 2022. Erst 2023 kommen wir wieder persönlich in alle Dörfer. Vorher bremste Corona.

Januar

Kul schreibt, dass die kleine alte Schule von Mude zwei Regierungslehrer bekam, aber Patale keinen für seinen Hauptschulbereich.

Von den KvN-Geldern an ihn, die immer im Frühjahr überwiesen werden, schlägt er vor, einen Teil auf sein Privatkonto zu geben. Dann spart sein Nepal-Verein (den er vor Jahren extra für unsere Hilfsaktion gegründet hat) Steuern. Er bittet um 7000 Euro schon jetzt im Januar, weil einige Lehrer ihr Gehalt früher wünschen, um vor dem Schulbeginn im April Nötiges zu kaufen. Wir schicken 7000 Euro. Sie kommen aber nicht bei ihm an. Zum Verbleib haken wir immer wieder nach, bis ins Frühjahr 2023. Erst dann klärt sich der Verbleib auf der Bank, verursacht durch ungenaue Transferangaben.

Kul hat in Angpang einen neuen kleinen Schultrakt fertiggestellt und eine Toilette gebaut.

Er macht sich Sorgen: Er tut zu viel für sein Dorf und andere Leute und zu wenig für seine Familie.

In Maidane ist eine Solarleuchte in der Gesundheitsstation defekt.

Februar

Kul berichtet von einem krebskranken Mann, dem er aus KvN-Überschussgeldern des Vorjahres half. Aber das Geld kam zu spät. Alle teuren Behandlungen, die die Familie vorher unternahm, waren auch umsonst. – Weiter gab er KvN-Geld an einen armen Mann, dem beim Essen etwas im Hals stecken geblieben war. Er konnte so nach Kathmandu ins Krankenhaus kommen, starb aber dort.

Kuls kleiner eigener Hilfsverein (= unser Partner für die Geldüberweisungen)  muss 900 Euro Steuern bezahlen. Kul empfindet das als sehr hoch.

März

Johnny Siewert aus Hamburg kommt als junger Englischlehrer für vier Wochen nach Angpang.

Kul kandidiert für die Wahl des Ward-Inspektors ( = Aufsicht über etwa 8 bis 12 Dörfer), die in sieben Wochen stattfindet.

April

Kul beendet ein Landwirtschafts- und ein Management-Training. Er hofft, dadurch künftig im Gemüseanbau besser vorgehen zu können. Für die Wahl rechnet er sich Chancen aus.

Mai

Kul erhält ein Paket von einem Paten aus Pegnitz, der schon verzweifelte, weil es so lang nicht ankam. Kul muss dafür 50 Euro Zoll bezahlen. Es ist gedacht für Lehrerin Uma Karki, die es zu einem Schulkind in Patale bringt.

Kul verliert die Ward-Wahl mit nur zwei Stimmen Differenz. Seine Unterstützer in den Dörfern sind perplex. Aber er kann sich um ein Amt für „Dorfentwicklung“ in der Municipality bewerben (ca 20 000 Einwohner umfassend). Kul: „Da habe ich große Chancen, unsere Dörfer voranzubringen.“ Da hat er den Bereich unter sich, der Streitereien schlichtet, bevor sie gerichtslastig werden.

Juni

Ein 5-Tage-Training von Kindergarten-Betreuern endet. Neun Schulen schickten  ihr Personal dorthin. Die Schulung geht noch drei Semester lang weiter.

Juli

Reinhold Mischau, Unternehmer in Nürnberg, hat schon einmal enorm für „Kinder von Nepal“ gespendet und schreibt: „Ich werde auch dieses Jahr den Verein mit 15 000 Euro unterstützen können. Das wird aber leider nicht reichen, um alle Ausgaben zu finanzieren. Ich hoffe, Du findest noch weitere Spender.“

Werner Narr hat jetzt 76 geförderte Kinder zu verwalten. Er lobt Uma Karki und ihren Sohn Utsab für ihre immer so herzliche Geldübergabe. Sie machen es „in großartiger Weise“. Kul zieht sich zurück – aus allen seinen sozialen Aufgaben.

Kul schildert kurz Unwetterschäden: Straßen sind überflutet und Berghänge abgerutscht.

Ich bekomme von der Schöck-Stiftung viel Sympathie für unseren Verein, muss aber viele Fragen beantworten, bevor sie eine Unterstützung zusagt. Ich gebe all die Fragen an Kul weiter. Zum Beispiel zum Biokartoffel-Verkauf der Dörfer in Kathmandu. Kul sagt: Es war ein Versuch ohne Erfolg. Denn die Städter sparen. Das „bio“ ist ihnen egal, sie suchen nur billige Kartoffeln.

Oder der Wunsch der Stiftung, alle Lehrer an die Regierung zu geben zum Bezahlen. Kul erläutert: Es ist sehr schwer. Vor Jahren stellte die Regierung in Aussicht, zwei Lehrergehälter zu übernehmen. Aber den Zuschlag dafür bekamen andere Dörfer, weit entfernt.

Er will jetzt in seinem Municipality-Amt mehr Druck machen. Früher bezahlte er einige Grundschullehrer in Angpang selbst, von seinem Trekking-Gehalt. Aber jetzt hat er nur seine Landwirtschaft. Und die Ernte war schlecht. Es gab weniger Kartoffeln und Mais als 2021. „Die Menschen hier werden irgendwie überleben“, schreibt er, „aber ein Einkommen zu haben, ist im Moment wirklich hart.“

Er überlegt und überlegt, wie er seine Schule in Angpang (125 Kinder) für immer erhalten kann. „Ich muss irgendeine Lösung finden, auch für meine Familie und das Dorf.“

August

Kul ist im entfernten Biratnagar, um für vier Tage eine Justiz-Schulung zu machen. Von hier beantwortet er weitere Fragen der Stiftung: Können die Eltern Geld geben, um einen Lehrer zu bezahlen? „Sie können im Moment nicht einmal einen kleinen Beitrag leisten. Sie haben kein Einkommen. Die Kartoffelernte reicht gerade fürs Überleben einer Familie.“

Kul sucht auch nach einem Landwirtschafts-Training. Mit holländischer Unterstützung begann er selbst schon eines für 300 Familien. Aber dann kam sein neues Amt und er wurde ausgegliedert – obwohl er jetzt viel dafür hätte tun können. Er wünscht sich, dass alle 1000 Familien eines Wards ( = Dorfverwaltungsbereich) einbezogen werden, wenn wieder so eine Schulung kommt.

Sein Ward Nr. 8 (Westhälfte von Angpang) hat 92 Familien, der Ward Nr. 9 (Osthälfte) 108.

September

Kul verschlägt es die Sprache, dass er in Angpang drei oder mehr Lehrer (KvN bezahlt bisher fünf) in den Regierungssold umstellen soll, wie es ihm die Schöck-Stiftung vorschlägt. „Was ihr entscheidet, muss ich akzeptieren. Ich besprach das schon mit der Regierung, aber es gibt kein Zeichen für eine Lösung.“

Er könnte zwei Klassenstufen streichen oder Kombiklassen bilden. „Oder ich finde einen Unterstützer, oder ich bezahle die Gehälter selbst.“

Die Regierung erhöht jedes Jahr die Gehälter ihrer Lehrer. Die KvN-Lehrer dagegen bekommen 70 Euro weniger im Monat. „Das Beste wäre, ihr bezahlt weiter die fünf Lehrer. Dann können wir alle Fächer anbieten.“

Kul will Walnuss-Bäume pflanzen. Freunde begannen mit 40 Stück. Er plant mehr. Die Regierung gibt dafür einen Zuschuss, der nicht zurückbezahlt werden muss.  Kul will ein Projekt daraus machen und eine eigene Farm dafür anmelden.

Studentin Ellis Maier aus Innsbruck, deren Onkel Roman Maier bei uns Mitglied ist, lernt bei einem praktischen medizinischen Jahr in Nepal ein krebskrankes Mädchen kennen, Ranjana (6). Um ihr die Operation zu ermöglichen (3000 Euro), bekommt sie Hilfe von PayPal und von uns.  Mitglieder spenden 500 Euro. Die Summe kommt zusammen.

Kul geht dem örtlichen Gouverneur zur Hand und lernt das Amts-Wissen.

Die Schulen schließen für vier Wochen wegen des Dashain-Festes (in der Bedeutung wie unser Weihnachten) und des Tihar-Festes (Lichterfest).

Kul erntet vom Mais, was die Bären übrig ließen. Er muss Weizen und Hafer säen.

Er und seine Frau Kalu sind etwas krank. Er beobachtet rundum die Familien, wie es nach Corona weitergeht. Jeder ist unglücklich, weil das Einkommen fehlt.

Auch die Dorfbank von Angpang leidet, weil alle Kunden seit einem halben Jahr ihre Einlagen abholen.

Oktober

Kul pflügt für die Weizenaussaat bis zum Monatsende. Danach bringt er Gras trocken unter, als Winterfutter für die Büffel.

Für Dashain ist seine ganze Familie gekommen, aber eine nahe Verwandte, eine schwangere Frau von 38 Jahren, stirbt. Deshalb feiert niemand.

November

Die Schule beginnt wieder. Kul hatte wegen der Wahl keine Zeit, für den pensionierten Rektor von Angpang einen Ersatz zu finden (d. h. einen Regierungslehrer) und bemüht sich jetzt.

Assistenzarzt Dipendra verlässt die Gesundheitsstation von Angpang (er will ins Ausland oder nach Kathmandu); Janaki ist seine Nachfolgerin.

In Nepal finden nationale Wahlen statt. Kul wundert sich, dass die Freiheitspartei doch einige Sitze bekam. Er ist für die nationale Partei.

Werner schickt einen Paten-Rundbrief mit der Bitte, auch im nächsten Jahr wieder Kinder zu unterstützen.

Weiter schreibt er: „Uma hat mir von zwei Kindern berichtet, die unter Bäumen leben. Sie organisierte für sie bei der Stadt Okhaldhunga  ein Haus, ohne Dach und ohne Fenster, wo sie jetzt mit ihrer Oma leben. Unterdessen hat sie auch ein Zinkdach organisiert und mir im Video die Situation gezeigt.
Beide Kinder gehen in Okhaldhunga in die Schule und ich werde die Patenschaft übernehmen. Da die Ernährung knapp ist, bekommt Uma jetzt schon die 260 Euro, damit sie über die Zeit kommen.“

Dezember

In Pegnitz hatten wir einen Marktstand mit Nepal-Kunsthandwerk bei einer Gärtnerei, danach in einem historischen Felsenkeller und jetzt zum Advent vor der Kirche. Dort kommen sensationell 1750 Euro zusammen. Aber der Gewinn ist nicht so groß, weil auch der Einkauf in Nepal teurer geworden ist. Die Händler dort schlagen auf, um die Corona-Flaute auszugleichen.

Unser Kalender wird wieder von vielen Helfern verteilt. Dafür kann man nur einen großen Dank sagen. Er regt manche Käufer an, zu spenden oder ein Pate zu werden.

Wir unterstützen auch zwei arme Kinder in Pokhara. Aber der Junge Yug Shah  bekam ein Stipendium in Indien, so dass seine Paten jetzt ein kleines Mädchen unterstützen, Nikita Paliyar.

Und Adesh Regmi, der – von seiner Patin ermöglicht – in ein Internat ging, um aus seinen so beengten Verhältnissen zu kommen, erwies sich doch nicht als der große Lernende. Er kehrt zurück in eine normale Schule und soll eine Lehre machen.

Die Schöck-Stiftung regt den Kontakt mit dem österreichischen Verein „Roots for life“ an, mit Carola Gosch. Ein Zoom-Gespräch bringt eine Zusammenarbeit bei der Schüler-Förderung in Angpang und dem nahen Ghunsa. Ihr Fernziel ist, gemeinsam in Salleri (26 km weiter) ein Mädchen-Hostel für begabte College-Schülerinnen einzurichten. Wir nehmen aber später davon Abstand, weil die Arbeit dafür bei uns bleibt. Und wir sind eh als Zwei-Mann-Team überlastet.

Werner gleicht unsere Unterstützung der armen Kinder an jene von „Roots“ an: Wo es geht, geben wir jetzt Schulmaterial und Essen statt Geld.

Werner vollbringt das ganze Jahr über eine große Leistung, alle Kinder ordentlich zu verwalten, den Paten ihre Fotos und Videos zu schicken und mit Uma und Kul zu telefonieren. Auch unterstützt er privat immer wieder.

Er stellt jetzt die Förderung der High-School- und College-Anwärter (in Kathmandu und Salleri) um: Jeder der Jugendlichen muss sich mit einem Antrag dafür bewerben. Dann sieht Werner ungefähr, wie die Lern-Eignung ist.